Gutenachtgedicht

 

In der Nacht sind die Katzen grau und die Menschen nicht gern allein. Sie finden keinen Schlaf oder suchen einen Traum. Am Rand des Bettes, in einer halboffenen Tür. Der Schatten dort kommt oder geht. Jalousien verbergen die andere Seite des Mondes. Denen, die ihre Augen schließen, werden Worte gesprochen. Sie sollen helfen. Dem, der erzählt und dem, der hört. So entstehen Zeilen, deren Enden sich berühren. Der murmelnde Reim braucht nicht das Flimmern auf der Netzhaut. Er ist die Melodie zur dunklen Sicht nach innen.

 

Wenn du schläfst, schlaucht irgendwer 'ne Zigarette.

Menschen lieben sich, und Menschen tun sich weh.

Wenn du schläfst, übt Woody Allen Klarinette,

und irgendwo legt jemand Bargeld auf's Bidet.

 

Wenn du schläfst, verteilen Krankenschwestern Pillen,

ein Gouverneur stemmt noch einmal Gewichte.

Alte Herren ändern ihren letzten Willen,

jemand schreibt und denkt, er schreibt Geschichte.

 

Wenn du schläfst, passieren immer diese Sachen.

Wer noch wach ist, will sich vor sich selbst verstecken.

Anscheinend kann der Mond da nicht viel machen.

Bis auf das eine: Dich nicht allzu früh zu wecken.                                                        

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